Als Dermatologin und Psychodermatologin ist es mir ein besonderes Anliegen, ganzheitliche Ansätze in der Behandlung von Hauterkrankungen zu fördern. Ein spannendes Feld, das in den letzten Jahren zunehmend Aufmerksamkeit erlangt hat, ist das autogene Training.
Diese Form der Selbsthypnose kann nicht nur das allgemeine Wohlbefinden steigern, sondern auch einen wichtigen Beitrag zur Linderung von Hauterkrankungen leisten. In diesem Blog-Artikel erkläre ich, was autogenes Training ist und warum es speziell bei Hauterkrankungen hilfreich sein kann.
Was ist autogenes Training?
Autogenes Training ist eine Entspannungstechnik, die durch Autosuggestion (Selbstbeeinflussung) funktioniert. Sie wurde Anfang des 20. Jahrhunderts von dem Psychiater Johannes Heinrich Schultz entwickelt und basiert auf der Vorstellung, dass Körper und Psyche sich gegenseitig beeinflussen. Indem man sich im Stillen vorsagt und dabei vorstellt, dass die Gliedmaßen warm und schwer sind, dass man ruhig atmet oder das Herz rhythmisch schlägt etc., kann man sich nicht nur ganz bewusst in einen entspannten Zustand versetzen, sondern nachgewiesenermaßen tatsächlich über das vegetative Nervensystem die angesprochenen körperlichen Funktionen positiv beeinflussen. Hierzu zählen Blutdruck, Blutzuckerspiegel, Herzrhythmus, Muskelverspannungen, Schmerzen und was die Haut anbelangt auch Juckreiz sowie chronische Entzündungen. Hinzu kommt noch eine individuelle Formulierung, um eine gewünschte hilfreiche Eigenschaft mental zu trainieren, wie üblicherweise Ruhe oder Gelassenheit. Das Tolle ist: man braucht für das autogene Training, hat man es erst einmal eingeübt, nur ein paar Minuten am Tag und kann es sogar sitzend im Büro oder in der U-Bahn durchführen, da man dabei nicht spricht, sondern sich alles im Stillen selbst vorsagt. Eine kleine Verschnaufpause, die man sich selbst inmitten des hektischen Alltags verschaffen kann!
Ich selbst liebe das autogene Training sowohl zum Auftanken in der Mittagspause als auch als Einschlafhilfe am Abend, wenn es mir schwerfällt zu entspannen. Sehr positive Erfahrungen habe ich damit bereits in meiner Jugend in einem anderen Kontext, nämlich vor Prüfungen gesammelt. Da ich vor diesen immer wahnsinnig aufgeregt war und teils das mühsam Erlernte nicht mehr abrufen konnte, hat meine Mutter mir im Alter von 12 Jahren die Technik des autogenen Trainings beigebracht, nachdem sie sie selbst in einer sehr stressreichen Zeit in einem Kurs erlernt hatte. Blackouts und mangelndes Konzentrationsvermögen in Prüfungen waren seitdem passé und auch noch direkt vor meiner Facharztprüfung habe ich mich damit erfolgreich selbst beruhigen und gleichzeitig mein Konzentrationsvermögen steigern können – wofür ich meiner Mutter noch heute dankbar bin!
Stress als Auslöser von Hautproblemen
Viele Hauterkrankungen wie zum Beispiel Neurodermitis, Psoriasis oder Akne, stehen in direkter Verbindung mit psychischem Stress, wie ich bereits in früheren Blog-Artikeln aufgezeigt habe. Dieser Stress kann das Immunsystem beeinträchtigen und Entzündungsprozesse im Körper verstärken, was sich wiederum negativ auf die Haut auswirkt. Diese reagiert oft besonders empfindlich auf innere Anspannungen. So erleben viele Patienten mit chronischen Hauterkrankungen Schübe oder Verschlimmerungen ihrer Symptome in stressreichen Phasen. Andererseits triggern die beschriebenen Hauterkrankungen ihrerseits durch ihre Sichtbarkeit nach außen und durch Juckreiz oder Schmerzen natürlich aber auch psychischen Stress!
Wie kann autogenes Training bei Hauterkrankungen helfen?
1. Stressreduktion
Autogenes Training wirkt gezielt auf den parasympathischen Teil unseres vegetativen Nervensystems, der für Entspannung und Erholung zuständig ist. Durch regelmäßiges Üben kann man lernen, Stressreaktionen zu minimieren und gezielt zu entspannen – wann immer man es gerade braucht.
2. Reduktion von Juckreiz und Schmerzen
Patienten mit Hauterkrankungen leiden oft unter quälendem Juckreiz oder auch Schmerzen. Autogenes Training kann dabei helfen, diese Symptome zu lindern, indem es die Körperwahrnehmung positiv beeinflusst und nachgewiesenermaßen Juckreiz und Schmerzen deutlich lindern kann.
3. Verbesserung der Schlafqualität
Chronischer Stress und Hautprobleme wie starker Juckreiz beeinträchtigen oft den Schlaf. Schlafmangel kann wiederum das Immunsystem schwächen und Hautprobleme verschlimmern. Autogenes Training hilft dabei, vor dem Schlafengehen zu entspannen und so in einen tieferen und erholsameren Schlaf zu finden.
4. Psychische Entlastung
Hauterkrankungen sind oft mit einem hohen psychischen Leidensdruck verbunden. Ängste, Scham und Unsicherheit verstärken den Stress zusätzlich. Autogenes Training ermöglicht es den Betroffenen, Gelassenheit und innere Balance zu entwickeln, was an sich bereits heilsam wirkt. Außerdem kommt es in der Tiefenentspannung oft vor, dass unbewusste, krankheitsauslösende Probleme ins Bewusstsein treten und im Anschluss gezielt aufgearbeitet werden können.
Fazit
Autogenes Training ist eine einfache und wirksame Methode zur Bewältigung von Stress und den damit assoziierten körperlichen Beschwerden und kann sich bei vielen Hauterkrankungen zusätzlich zur klassischen dermatologischen Therapie positiv auswirken. Dies wurde mittlerweile auch durch verschiedene Studien belegt. Sogar Feuchtigkeitsgehalt und Elastizität der Haut konnten durch regelmäßiges Praktizieren von autogenem Training verbessert werden!
Für Patienten mit chronischen Hauterkrankungen stellt es daher einen lohnenswerten Ansatz dar, der nicht nur das Hautbild, sondern auch viele weitere körperliche Funktionen verbessern kann – und sich langfristig auch positiv auf Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit auswirken kann!
Ich empfehle meinen Patienten, autogenes Training als festen Bestandteil ihrer Selbstfürsorge zu etablieren. Probieren Sie es doch gleich bei nächster Gelegenheit selbst aus!
Abschließend
Autogenes Training ist grundsätzlich eine sichere Methode. Dennoch ist es in seltenen Fällen, wie zum Beispiel akuten Psychosen oder schweren Depressionen kontraindiziert! Eine professionelle Begleitung kann helfen, mögliche Risiken zu erkennen und zu minimieren.Wenn Sie unsicher sind, ob autogenes Training für Sie persönlich geeignet ist, sollten Sie deshalb unbedingt mit einem Arzt oder Psychologen über Ihre Bedenken sprechen, bevor Sie damit beginnen.